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Blasenkrebs durch aromatische Amine als Berufskrankheit: Zur Validität der neuen berufsgenossenschaftlichen Dosisgrenzwerte
Zusammenfassung Dosisgrenzwerte mit der Funktion eines ‘Abschneidekriteriums’ konnten im deutschen Berufskrankheitenrecht nur in Einzelfällen als Konventionen legitimiert werden. Dies erfolgte bisher ausschließlich durch den Verordnungsgeber. Grundlage waren drei arbeits- und sozialmedizinisch defin...
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Published in: | Zentralblatt für Arbeitsmedizin, Arbeitsschutz und Ergonomie Arbeitsschutz und Ergonomie, 2012-03, Vol.62 (2), p.64-75 |
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Format: | Article |
Language: | ger |
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Summary: | Zusammenfassung
Dosisgrenzwerte mit der Funktion eines ‘Abschneidekriteriums’ konnten im deutschen Berufskrankheitenrecht nur in Einzelfällen als Konventionen legitimiert werden. Dies erfolgte bisher ausschließlich durch den Verordnungsgeber. Grundlage waren drei arbeits- und sozialmedizinisch definierte, jedoch an speziellen, insbesondere krebserzeugenden Noxen orientierte und nur für diese erfüllte Voraussetzungen. Aktuell liegt nun der Versuch einer Ableitung strikter Dosisgrenzwerte für Krebserkrankungen der Harnblase als Berufskrankheit aus Beobachtungen an Rauchern vor (Weiß et al. 2010). Hieraus lässt sich erneut eine fragwürdige Tendenz von Experten der Berufsgenossenschaften erkennen, derartige Abschneidekriterien — gewissermaßen am Verordnungsgeber vorbei — generell für weitere, beruflich häufig auftretende Kanzerogene zu etablieren. Dies erfolgt unter Außerachtlassung jener seinerzeit stets als erforderlich festgelegten Voraussetzungen.
Die Autoren Weiß et al. (2010) verwenden bei dem jetzt vorgestellten Konzept sowohl Daten, die nur an wenigen Hunden experimentell gewonnen wurden, als auch Beobachtungen an Rauchern. Bei ihrer Ableitung von Dosisgrenzen für die Arylamin- Kanzerogenese verletzen sie Grundregeln der Toxikologie: (a) diese und weitere Tierversuche sind nicht vergleichbar; (b) der Versuch mit o-Toluidin stützt sich auf nur einen malignen Tumor sowie ein Vorläuferstadium (Papillom) der Blase bei je einem von fünf Tieren; (c) die Suszeptibilität bei Mensch und Tier wird gleich gesetzt; (d) die Steilheit der Dosis-Wirkungskurven für die drei Arylamine wird als gleich unterstellt; (e) für die Anwendung der Druckrey/Küpfmüller-Formel fehlen die Voraussetzungen.
Die Autoren stützen sich auf Messdaten, die für derartige Ableitungen unbrauchbar sind, sowie auf nicht begründbare Annahmen und Hypothesen. Besonders zu nennen ist die Annahme, dass einzelne Arylamine, die gemeinsam mit tausenden anderen Fremdstoffen inkorporiert werden, nicht anders wirken, als wenn sie jeweils einzeln, d.h. isoliert, inkorporiert werden. Auf die bei Rauchern herrschenden speziellen Stoffwechselverhältnisse — z. B. die Enzyminduktion — gehen die Autoren nicht ein.
Methodische Mängel der Risikoableitung zeigen sich auch bei der Behandlung statistischer Daten. Eklatante Unterschiede in den Dosisfunktionen einzelner Arylamine und zwischen beruflicher und durch Tabakrauch verursachter Krebsinduktion werden entweder nicht berücksichtigt oder zu Unrecht nivelliert. Wa |
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ISSN: | 0944-2502 2198-0713 |
DOI: | 10.1007/BF03346136 |