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Die neue Einziehung gem. §§ 73 ff. StGB aus Opfersicht – Steine statt Brot?
Das am 1.7.2017 in Kraft getretene Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung brachte weitreichende Änderungen, darunter einen vollkommen neuen Umgang mit Ersatzansprüchen von Geschädigten. Nach alter Rechtslage war eine Einziehung bekanntlich ausgeschlossen, wenn solche Ansprüche b...
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Published in: | Neue Kriminalpolitik 2020, Vol.32 (2), p.154-170 |
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Format: | Article |
Language: | English |
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Summary: | Das am 1.7.2017 in Kraft getretene Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung brachte weitreichende Änderungen, darunter einen vollkommen neuen Umgang mit Ersatzansprüchen von Geschädigten. Nach alter Rechtslage war eine Einziehung bekanntlich ausgeschlossen, wenn solche Ansprüche bestanden. Nun eröffnet das neue Recht eine umfassende Möglichkeit (und in weiten Teilen sogar die Pflicht), auch in diesen Fällen das durch die Tat Erlangte oder entsprechenden Wertersatz einzuziehen. Die Ansprüche von Geschädigten werden im anschließenden Vollstreckungsverfahren befriedigt. Der Staat greift mit seinen umfassenden Zwangsmitteln erst einmal rigoros und großflächig zu und verteilt dann kostenlos an die Geschädigten - das klingt nach einer großartigen Serviceleistung. Und tatsächlich beruft sich der Gesetzgeber in den Materialien auf den Aspekt der effektiveren Opferentschädigung. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass das neue Recht mit seinem extrem ausgeweiteten Anwendungsbereich ganz pauschal (und unabhängig von Opferinteressen) vermeintliche „Abschöpfungslücken“ schließen soll und damit letztlich auch handfeste fiskalische Interessen bedient. Gegen einige Bestandteile der Neuregelung bestehen verfassungsrechtliche Bedenken. Aus Opfersicht bringt sie neben gewissen Verbesserungen auch manche Nachteile mit sich, u.a. eine drohende zeitliche Verzögerung oder gar Vereitelung der Befriedigung der Ansprüche. Ein denkbarer positiver Nebeneffekt der Reform ist immerhin eine Belebung der Wiedergutmachungsvorschrift in § 46a StGB, die bislang vor allem im Wirtschaftsstrafrecht ein Schattendasein führt. Die weitere Entwicklung der Praxis der Einziehung sollte möglichst empirisch erforscht werden.
On July 1st 2017, new regulations on the recovery of assets brought about huge changes, not least a completely new approach to victim compensation. In former times, confiscation was (as a rule) excluded if there existed claims by individual victims against the offender. That has been changed: Now, in a first step, the state can (and in many cases has to) confiscate assets; in the next step, they are distributed to victims in the course of the execution of the sentence. At first glance, that sounds quite convenient for victims, and the legislator does indeed emphasize this aspect of the new law - somehow distracting from the fact that the new law allows for vast confiscation independent of the existence or interest of individual victims. The new law eve |
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ISSN: | 0934-9200 |
DOI: | 10.5771/0934-9200-2020-2-154 |