Loading…

Die Negativzinspolitik der Notenbanken: Strukturelle Hintergründe und geldtheoretische Konsequenzen

Seit dem Ende der Finanzkrise im Jahr 2008 haben die führenden Notenbanken der westlichen Länder eine Politik extrem niedriger Zinsen und anhaltender Anleihekäufe betrieben, die auch während der 2010er Jahre nur vorübergehend zurückgenommen und im Zuge der Corona-Krise noch ausgeweitet wurde. Die Ur...

Full description

Saved in:
Bibliographic Details
Published in:Leviathan (Düsseldorf) 2022-01, Vol.50 (2), p.334-355
Main Author: Deutschmann, Christoph
Format: Article
Language:ger
Subjects:
Online Access:Get full text
Tags: Add Tag
No Tags, Be the first to tag this record!
Description
Summary:Seit dem Ende der Finanzkrise im Jahr 2008 haben die führenden Notenbanken der westlichen Länder eine Politik extrem niedriger Zinsen und anhaltender Anleihekäufe betrieben, die auch während der 2010er Jahre nur vorübergehend zurückgenommen und im Zuge der Corona-Krise noch ausgeweitet wurde. Die Ursachen der neuen Politik liegen, wie in dem Artikel argumentiert wird, in strukturellen Ungleichgewichten an den Kapitalmärkten, die freilich nicht auf eine durch die Alterung der Bevölkerung bedingte Erhöhung der Sparquoten zurückzuführen ist, wie von ökonomischer Seite oft behauptet wird. Der Kern des Problems liegt vielmehr in einem durch die spekulativen Exzesse der Finanzindustrie (»Finanzialisierung«) hochgetriebenen Wert der Finanzvermögen einerseits, in einer sozial- und unternehmensstrukturell bedingten Erosion innovativer und unternehmerischer Potenziale in der Realwirtschaft andererseits. Daraus ergeben sich Grenzen der gegenwärtig zu beobachtenden Politisierung des Geldsystems, die in aktuellen geldtheoretischen Debatten nicht hinreichend reflektiert werden. Since the end of the financial crisis in 2008, the leading Western Central Banks have pursued a policy of extremely low interest rates and continuous »Quantitative Easing« (QE). Even during the 2010’s, these policies were only temporarily withdrawn and then even further expanded during the Corona crisis. The article postulates that the motives of the new monetary policies are related to structural imbalances in the capital markets, which, however, have little to do with the excess savings of the ageing population, as many economists contend. The core of the problem, rather, lies on the one hand in an increase in the value of financial assets which has been heated up by the speculative excesses of the financial industry (»financialization«) and on the other hand by a structural erosion of innovative and entrepreneurial potentials in the real economy. The conclusion is that the expansion of politicization of the monetary system which is seen today will meet its limits, which are not reflected sufficiently in current debates on monetary theory.
ISSN:0340-0425
1861-8588
DOI:10.5771/0340-0425-2022-2-334